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Deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im Ausland haben das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag. Aber so, wie das derzeit in der Praxis gehandhabt wird, wird das Ausüben dieses Rechtes vor zum Teil unüberwindbare Hürden gestellt. Das muss sich ändern. Und zwar nicht nur wegen einer subjektiven Befindlichkeit, sondern weil der derzeitige Zustand nicht mit dem Art. 38 GG Abs. 1 vereinbar ist.

Es gibt Deutsche im Ausland, die weiterhin in Deutschland gemeldet sind (z.B. weil nur für begrenzte Zeit ins Ausland entsendet werden und ihren deutschen Wohnsitz nicht aufgeben). Für solche Auslandsdeutschen ist es relativ leicht, sie müssen sich „nur“ um Postlaufzeiten sorgen. Aber auch das kann schon problematisch werden, denn die Postlaufzeiten stehen der Ausübung des Wahlrechts oft im Weg.

Noch problematischer ist es für die nicht mehr in Deutschland gemeldeten Wähler:innen. So wie für uns beispielsweise. Wir konnten unser Wahlrecht nur ausüben, weil wir viel Zeit und Geld investiert habe – und wussten, wen und wo wir anrufen müssen.

Der formale Ablauf scheint ganz einfach:

Auf der Webseite des Bundeswahlleiters den Antrag zur Eintragung ins Wählerverzeichnis herunterladen, ausfüllen und per Post nach Deutschland ins letzte zuständige Wahllokal senden. Und wenn alles gut läuft, d.h. dem Antrag stattgegeben wird und die Wahlunterlagen rechtzeitig versandt werden, kann man an seinem ausländischen Wohnort per Briefwahl wählen und den Brief per Post, in manchen Ländern auch mit Unterstützung der Botschaften/Konsulate/Auslandsdienststellen zurück nach Deutschland senden.

De facto ist es so, dass es nach dem Versenden des Antrags warten heißt. Da wir wissen, dass Post – in beide Richtungen – oft nicht ankommt, habe ich unseren Brief mit den Briefwahlanträgen einem Freund mitgegeben, der diese Mitte Juli in Deutschland direkt in die Post gegeben hat. Da nicht alle Wahldienststellen eine Eingangsbestätigung versenden (auch nicht per Mail), warten manche Wahlberechtigte auf den Sankt-Nimmerleins-Tag und bekommen die Wahlunterlagen nie oder nach der Wahl. Es kann natürlich auch passieren, dass die Eintragung abgelehnt wird und Widerspruchsfristen schlicht und einfach nicht eingehalten werden können, erst recht, wenn die Mitteilung darüber erst spät eintrifft.

Die Botschaft in Peking hatte als Deadline für die Abgabe von Wahlbriefen den 6. September, 15:30 Uhr ausgegeben – da hat man dann eine Vorstellung von den Postlaufzeiten.  Leider sind unsere Wahlbriefe bis dahin nicht angekommen. Und auch nicht in den Tagen danach. Dann begann der Telefonmarathon… Am Montag vor der Wahl statt dann ein Mann von DHL-Express vor der Tür, postwendend gingen unsere Wahlbriefe ebenfalls per DHL-Express auf die Reise. Der Spaß kostete 435 RMB, also knapp 60 Euro. Wie war das mit der allgemeinen und gleichen Wahl (Art. 38)?

Es muss sich etwas ändern.

Einfach in den Botschaften und Konsulaten zu wählen, ist auch keine Lösung (sollen da Wahlzettel aller Wahlkreise vorrätig sein? Das Wahlgeheimnis wäre wohl auch nicht gesichert, wenn es nur 1-2 Wahlberechtigte in einem Wahlkreis gäbe. – Von weiteren organisatorischen Nickeligkeiten mal abgesehen.)

Ich denke, es wäre eine gute Lösung, wenn

  1. die Eintragung ins Wählerverzeichnis digital erfolgen kann;
  2. in den Botschaften und Konsulaten gewählt werden kann,;
  3. damit 2. geht, ein Wahlkreis „Ausland“ eingerichtet wird.

Damit wird nämlich einem weiteren Problem Rechnung getragen: wer vertritt eigentlich die Deutschen im Ausland im Bundestag? Bisher niemand. In jedem Wahlkreis sind das so wenige, dass die Wahlkreisabgeordneten ihre Wähler:innen im Ausland übersehen.

Da das Wahlrecht jetzt sowieso reformiert werden soll, ist es ein guter Zeitpunkt, die Steine aus dem Weg zu räumen, die Deutschen im Ausland bei Wahlen in den Weg gelegt werden.